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27Mär

Stärkung durch gemeinsames Singen

"Beim Singen atmet die Seele." So oder ähnlich habe ich es schon gehört und gelesen. Aber kaum einmal war das so spürbar wie beim Singen in der Agaplesion Bethesda Klinik Ulm am vergangenen Freitag. Mutig, aber auch gespannt, hatten wir drei, Pfarrerin Susanne Vetter, unsere Klinikorganistin und ich, das Klavier aus dem Andachtsraum in den Aufzug geschoben und in den 2. Stock gefahren. Wir schoben das Klavier auf die Brücke, eine ideale Bühne, die von allen Stationen einsehbar ist. Mit dem vorgeschriebenen Abstand stellten wir uns links und rechts vom Klavier auf.

Dann ging es los. Zum Auftakt gab es zwei Strophen mit Querflöte und Klavier. Spontan gab es zaghaften Beifall. Wir sangen den ersten Choral, "Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren". Diesmal klatschten schon mehr. An den Geländern tauchten immer mehr Menschen auf, Patientinnen und Patienten, Schwestern, Ärztinnen, Therapeuten. Es war nichts angekündigt, aber schnell wurden Gesangbücher geholt, Rollstühle geschoben, Handys gezückt. Vor allem aber wurde gesungen, aus dem Herzen oder aus den Büchern, wir bekamen Verstärkung auf der Brücke. "Von guten Mächten wunderbar geborgen", "Bewahre uns Gott, behüte uns Gott", das waren Worte und Töne, die quasi intravenös aufgenommen wurden. Wir spürten, wie die Lieder Herzen anrührten, wie eine wunderbare Verbundenheit entstand kreuz und quer über den großen Lichthof hinweg. Wir waren selbst sehr berührt von dem, was da passierte.

"Das müssen wir auch im Seniorenzentrum machen", waren wir uns schnell einig. Aber wo und wie? Es musste im Garten sein, im Innenhof, der von den Wohnbereichen der Pflege und von den Balkonen der Seniorenresidenz gut einsehbar ist. Diesmal kündigten wir den Auftritt an. Viele sollten die Möglichkeiten haben, dabei zu sein. Es gab Aushänge und Liedblätter in den Briefkästen. Die Vorfreude stieg.

Doch dann die Hiobsbotschaft: wegen des eisigen Ostwinds durften wir das Klavier nicht ins Freie stellen. Es wäre unweigerlich verstimmt worden. Die Technik half und verstärkte das Klavier elektronisch nach draußen. Vom Garten bis zum 5. Stock verband und stärkte das Singen Bewohnerinnen und Bewohner in den Fenstern und auf den Balkonen und die Mitarbeitenden, die im Garten standen, in gemessenem Abstand. Auch Spaziergänger und Radler auf dem Donauuferweg winkten und applaudierten.

Eine Mitarbeiterin sagte mir: "Sie wissen schon, dass Sie das auch nach Corona weiter machen müssen." Einer von vielen Daumen, der nach oben zeigt. Und deutlich macht: "Beim Singen atmet die Seele." Gott sei Dank für diese Gabe!

Michael Burkhardt, Pastoraler Direktor Agaplesion Bethesda Ulm

Gemeinsames Musizieren
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